Regisseur Hans Ennen-Köffers hilft Talenten in Musical-Produktion auf die Sprünge
„Stelle beide Füße richtig auf den Boden. Siehst Du? Aus dieser Position kannst Du in alle Richtungen agieren. Stehst Du instabil, dann wird das schwierig und Du wirkst unsicher.“ Fest geerdet steht Hans Ennen-Köffers im Veranstaltungssaal der Alten Post inmitten einer Darstellergruppe, die heute die „Sargtischler-Szene“ des Musicals „Oliver!“ probt. Die Jugendlichen und Erwachsenen bringen ganz unterschiedliche Bühnenerfahrungen mit und nehmen den Ratschlag sofort an. Ihre Körper spannen sich, ihre Füße verwachsen mit dem Stäbchenparkett. Hans Ennen-Köffers arbeitet mit der Gruppe an den einzelnen Positionen, Gängen, Bewegungen, an der Haltung, den Gesten, der Mimik und stimmlichen Ausdrucksvielfalt. Der Leiter der Alten Post ist voll konzentriert und sichtlich in seinem Element: Die Proben laufen gut, die im Casting ermittelten Darsteller erweisen sich als Glücksgriffe – und er als professioneller Schauspieler, Regisseur und Dramaturg kann hier seinen großen Erfahrungsschatz und seine Leidenschaft für die Bühne einbringen.
„Diese Inszenierung ist eine echte Herausforderung. Sie ist sehr temporeich, die Szenen geben keine Aufwärmphasen her, die Darsteller müssen alle gleich zu hundert Prozent da sein und auf den Punkt spielen“, vergleicht Hans Ennen-Köffers die diesjährige Musical-Produktion mit der auf der Romanvorlage „Oliver Twist“ basierenden Aufführung aus dem Jahr 2000. „Alles, was ich damaligen Fassung des Stücks bemängelt hatte, ist jetzt besser. Der Text wurde gestrafft, die Musik ist vielschichtiger und anspruchsvoller, das bringt mehr Spannung und Dynamik.“
In Zusammenarbeit mit der Musikschule Neuss wird das Werk im September im Globe-Theater Premiere haben. Bis dahin laufen die wöchentlichen, später täglichen Proben und die Darsteller genießen neben dem Schauspielunterricht professionelles Tanz- und Stimmbildungstraining. Diese Erfahrungsschätze sind ihre „Gage“.
Zurzeit wachsen die Ensemble-Mitglieder noch in ihre Rollen hinein. „Es ist wichtig, dass sie sich über ihre eigenen Charaktere Gedanken machen, dass sie überzeugend garstig oder zerstreut, hartherzig oder naiv wirken können. Sie müssen Kälte und Wärme oder die Tages- und Jahreszeiten wirklich spüren, damit sie eins werden mit ihrer Bühnenfigur“, sagt der Regisseur. Den teilnehmenden Kindern beispielsweise hat er deshalb die Aufgabe gegeben, acht Sätze zu ihrer „Biographie als Waisenkind“ aufzuschreiben. „Es sind sehr emotionale Aufsätze entstanden, teils voller Wut, teils voller Traurigkeit“, so Ennen-Köffers. Welchen Einfluss dies auf die Bühnendarbietungen hat – darauf darf das Neusser Publikum gespannt sein.